Frauen in Führungspositionen fördern
Mehr Frauen in Führungspositionen, das ist das Ziel des bundesweiten Programms „Kirche im Mentoring – Frauen steigen auf“ des Hildegardis-Vereins und der deutschen Bischofskonferenz. Für das Bistum Limburg waren Tanja Sauder und Melina Zernig beim gerade beendeten Kurs 2021/2022 dabei. Beide arbeiten beim Dezernat Finanzen, Verwaltung und Bau: Sauder ist als Sachbearbeiterin in der Abteilung Liegenschaften beim Rentamt Nord tätig und Zernig als Controllerin für Kindertageseinrichtungen im Rentamt Süd. Seit Anfang des Jahres 2022 arbeitet sie außerdem als Projektassistenz im Subteam „kuriale und synodale Beratungs- und Entscheidungsprozesse“ im Transformationsprozess mit.
Das Mentoring-Programm hat das Ziel, den Anteil von Frauen in kirchlichen Führungspositionen zu erhöhen. Es dauert ein Jahr und besteht aus insgesamt drei Präsenz- bzw. Digitalveranstaltungen, Intervisionsgruppentreffen, einem Tandem mit einer Mentorin oder einem Mentor im eigenen Bistum und einer Projektarbeit. Im Interview berichten Sauder und Zernig von ihren Erfahrungen mit dem Programm.
Frage: Warum haben Sie sich beim Mentoring-Programm beworben?
Zernig: Das Programm hat mich inhaltlich und konzeptionell sofort angesprochen. Perspektivisch kann ich mir einen Dienst in einer Leitungsfunktion sehr gut vorstellen. Für Frauen gibt es dafür noch nicht so viele Möglichkeiten und damit sicherlich auch Veränderungspotential. Der derzeit angestoßene Transformationsprozess im Bistum Limburg kann hierzu durchaus einen Beitrag leisten. Vom Mentoring-Programm erhoffte ich mir, mich persönlich weiterzuentwickeln, tiefere Einblicke in Leitungstätigkeiten zu bekommen und mein Netzwerk auszubauen.
Sauder: Interessiert verfolge ich die Neuausrichtung der katholischen Kirche und hier speziell die Möglichkeit für Frauen, sich in Führungspositionen zu etablieren. Mit der Teilnahme an dem Mentoring-Programm erhoffte ich mir persönliche und berufliche Weiterentwicklung. Ich wollte neue Erfahrungen sammeln und mich neuen Herausforderungen stellen. Ich möchte Teil eines Veränderungsprozesses sein, um meine Persönlichkeit in einem neuen Umfeld einzubringen.
Ein wesentlicher Bestandteil des Programms ist die Zusammenarbeit der Mentees mit einer Mentorin oder einem Mentor. Bei Ihnen waren das Julia Kleine, Leiterin Verbandsentwicklung und Projekte beim Diözesancaritasverband Limburg, und Stefan Muth, Abteilungsleiter im Diözesanbauamt. Mit ihnen zusammen bildeten sie jeweils ein Tandem. Was war das Besondere an der Zusammenarbeit mit ihrer Mentorin bzw. ihrem Mentor?
Sauder: Die Zusammenarbeit mit meinem Mentor habe ich als überaus positiv empfunden, weil er für mich immer ein offenes Ohr hatte. Er ist ein guter Zuhörer und Ratgeber. Ich konnte Alltagserfahrungen reflektieren und austauschen. Er hat mir geholfen, Ansichten zu hinterfragen und das eigene Handeln zu reflektieren. Für die persönliche Weiterentwicklung war es eine Erfahrung, auch den Spiegel vorgehalten zu bekommen. Hierbei hat er mir Alternativen aufgezeigt oder mir wertvolle Impulse zum Nachdenken mitgegeben und mich bestärkt, mich auf meine Intuition zu verlassen.
Zernig: Meine Mentorin und ich haben uns auf Anhieb sehr gut verstanden. Sie hat mich immer wieder gefördert, aber auch gefordert. Die Tandemgespräche waren für mich sehr wertvoll und inspirierend. Durch ihre jahrelange Berufserfahrung in verschiedenen Tätigkeitsfeldern konnte sie mir auch viel, über den Tellerrand hinaus mit auf den Weg geben. Es war spürbar, wie wichtig ihr das Programm ist und dass ihr die Mentorinnentätigkeit am Herzen liegt. Für ihre vielfältige Unterstützung bin ich ihr sehr dankbar und wir werden sicherlich auch weiterhin in Kontakt bleiben.
Mit „Kirche im Mentoring“ verbunden ist eine Projektarbeit. Welches Projekt konnten Sie im Rahmen des Programms realisieren?
Zernig: In meinem Projekt habe ich mich mit dem Prozess des Offboardings beschäftigt, vor allem mit der Implementierung von Exit-Gesprächen im Bistum Limburg. Diese Art von Gesprächen sollte standardmäßig am Ende eines Dienstverhältnisses stehen. Sie geben dem Unternehmen die Gelegenheit, in einem persönlichen Gespräch mit den Mitarbeitenden herauszufinden, welche Gründe dazu geführt haben, dass die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter das Unternehmen verlassen möchte.
Sauder: Mein Projekt hatte den Titel „Optimierung des Workflows Grundstücksverwaltung – Planung eines digitalen Prozesses“. In meiner Praxis als Liegenschaftssachbearbeiterin beschäftige ich mich seit langem mit dem Gedanken, wie es sich auf die Praxis auswirken würde, wenn sich die Bearbeitungsprozesse digital abbilden ließen. Das Bistum Limburg möchte mit seinem Transformationsprozess neue Wege gehen. Das digitale Dokumentenmanagement sowie die E-Akte werden zwei von vielen Bausteinen sein, die zu implementierten sind. Im Zuge dessen ist es enorm wichtig, alle vorhandenen Prozesse zu durchleuchten, Schwachstellen aufzuzeigen, neue Prozesswege einzuleiten, um diese später in einen digitalen Prozess zu überführen. Und genau damit habe ich mich in dem vergangenen Jahr in meinem Mentoring Projekt beschäftigt. Prozessoptimierung hilft, Arbeitszeit zu optimieren. Schlecht abgestimmte Prozesse sorgen nicht nur für wirtschaftliche Schäden im Unternehmen selbst, sondern führen auch zu Unzufriedenheit, Stress und Überlastung bei den Mitarbeitenden. Dem gilt es entgegenzuwirken.
Was war das Besondere innerhalb des Projektes und innerhalb des Mentoring-Programms?
Zernig: Das Besondere an meinem Projekt war, dass ich mit vielen ehemaligen Mitarbeitenden ins Gespräch kommen konnte. Es war sehr interessant, zu erfahren, was Ihre Kündigungsgründe waren, wo sie Verbesserungspotenzial sehen und wie sie rückwirkend auf Ihre Zeit als Mitarbeitende beim Bistum Limburg zurückblicken. Aus diesen Erkenntnissen habe ich einen Exit-Fragebogen entwickelt, der am Ende eines Dienstverhältnisses stehen sollte. Ziel der Gespräche soll es sein, dass man durch die dabei erworbenen Erkenntnisse in Zukunft die Mitarbeitendenzufriedenheit erhöhen und somit auch die Kündigungsquote verringern kann.
Sauder: Der Erfahrungsaustausch hat mir viele positive Aspekte mitgegeben. Ich habe in den Seminartreffen wertvolles individuelles Feedback bekommen und gelernt, berufliche Ziele konkret zu formulieren, mich selbst und mein Tun zu reflektieren und Problemlösungsstrategien zu optimieren.
Was war die größte Herausforderung?
Sauder: Corona stellte sich als Herausforderung dar. Das Auftaktseminar sowie das Halbzeitseminar konnten pandemiebedingt leider nicht in Präsenz stattfinden. Dadurch fehlte der wichtige persönliche Austausch. Die Schwierigkeit in meinem Projekt bestand darin, viele unterschiedliche Arbeitsabläufe zu bündeln, abzustimmen und einem optimierten Prozess zuzuführen.
Zernig: Innerhalb meines Projektes war es die größte Herausforderung, Interviewpartner zu finden, die bereit waren, offen und ehrlich über Ihre Beweggründe zur Kündigung zu sprechen. Auch wenn die Interviews vollständig anonym abliefen, war es trotzdem notwendig, zunächst ein gutes Vertrauensverhältnis aufzubauen.
Würden Sie Kirche im Mentoring weiterempfehlen und wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht?
Zernig: Ich würde das Programm jeder Frau ans Herz legen, die sich sowohl beruflich als auch persönlich weiterentwickeln möchte. Man hat die Möglichkeit in diesem Jahr sein Netzwerk zu erweitern, mit einer Führungskraft eng zusammen zu arbeiten und sehr hilfreiche Seminare vom Hildegardis-Verein zu besuchen. Ich kann das Programm uneingeschränkt empfehlen und betrachte es als tolle Chance. Man wächst in dem Programmjahr immer wieder über sich hinaus und verlässt auch mal seine ‚Komfortzone‘. Außerdem lernt man viele Mentees und Mentoren aus anderen Bistümern kennen und erfährt viel über deren Arbeitsweise. Auch das sehe ich als große Chance an.
Sauder: Diese Frage kann ich uneingeschränkt mit ja beantworten. Wichtig ist, sich darüber Gedanken zu machen „Was genau erwarte ich von dem Mentoring? Welche Ziele verfolge ich“. Mentoring bringt Menschen zusammen, die sich auf anderen Wegen nicht treffen würden. Kirche im Mentoring bietet die einmalige Möglichkeit, sich selbst auszuprobieren. Der enge Austausch mit der Mentorin oder dem Mentor gewährleistet die Weitergabe von Erfahrung und Wissen und trägt zur Entstehung von Netzwerken bei. In diesem Zusammenhang möchte ich einen herzlichen Dank an den Hildegardis-Verein aussprechen. Das Programm wurde von Beginn an höchst professionell organisiert und durchgeführt.
Wie geht es nach dem Abschluss des Programms weiter, innerhalb des Bistums und im Kontakt mit den anderen Mentees?
Sauder: Was die Zukunft bringt, weiß ich noch nicht. Ich denke es ist ein Reifeprozess. Der Samen ist gelegt, und was daraus entsteht, wird die Zeit mit sich bringen. Ich bin jedoch sehr zuversichtlich. Während des Mentoring-Programmes sind Freundschaften geschlossen worden. Sicherlich, wir wohnen nicht alle direkt beieinander, jedoch sind wir gut vernetzt, so dass es bestimmt möglich sein wird, sich ab und an zu treffen oder miteinander in Kontakt zu bleiben.
Zernig:Ich hoffe, dass ich die Chance bekomme, mich innerhalb des Bistums beruflich weiterzuentwickeln. Das Bistum befindet sich aktuell durch den Transformationsprozess im Umbruch, dass sehe ich persönlich als große Chance an, sich intern weiterzuentwickeln. Der Kontakt mit den anderen Mentees war über das ganze Jahr hinweg sehr bereichernd. Im Programmjahr sind ganz verschiedene sympathische, intelligente und inspirierende Frauen aus diversen Diözesen zusammen gekommen. Es waren hierbei viele unterschiedliche Berufsfelder vertreten. Gerade das hat den Austausch so spannend gemacht. Gerne möchte ich mit der einen oder anderen Mentee in einem guten Austausch bleiben.
Hintergrund
Das Programm „Kirche im Mentoring – Frauen steigen auf“ wird vom Hildegardis-Verein, der sich seit mehr als 110 Jahren für die akademische Aus- und Weiterbildung von jungen Katholikinnen einsetzt, in Zusammenarbeit mit der Deutschen Bischofskonferenz organisiert. Seit dem Start der ersten Gruppe im Jahr 2016 wurden insgesamt 159 Frauen als Mentees von ihren Bistümern, Verbänden und Hilfswerken entsandt.
Das Mentoring-Programm hat das Ziel, den Anteil von Frauen in kirchlichen Führungspositionen zu erhöhen. Es besteht aus insgesamt drei Präsenzveranstaltungen, einem Tandem mit einer Mentorin oder einem Mentor im eigenen Bistum und einer Projektarbeit.
Koordiniert wird das Programm auf Seiten des Bistums von Prof. Dr. Hildegard Wustmans und Sebastian Bünemann, die zugleich in der überdiözesanen Steuerungsgruppe sind.
Mehr zum Mentoring-Programm gibt es auf der Seite: www.kirche-im-mentoring.de.